Grundsätzlich lassen sich drei Zugänge unterscheiden, die individuell verschieden gewichtet werden und kollektive Sichtweisen prägen:
«Was kann ich tun, wenn Schülerinnen und Schüler stören?»
Hinter dieser Sichtweise steht die Haltung, dass Störungen sanktioniert und bestraft werden sollen. Dabei wird erhofft, dass diese Störungen nicht mehr auftreten. Bestrafen ist ein gängiges, aber wenig hilfreiches Mittel (Heuer, 2021), da die Sichtweise der Lehrperson überbetont wird. Die Schülerin oder der Schüler kann sein Handeln nur wenig selber gestalten und steuern. Es muss sich an die Vorgaben oder an das, was es als Vorgaben versteht, halten und ist dem Urteil der Lehrperson «ausgeliefert». Die Lehrperson ist gefordert, auf Störungen zu reagieren, was zu Unterbrüchen im Unterrichtsverlauf und damit zu erneuten Störungen führen kann.
«Was kann ich tun, damit sich keine Störungen ereignen?»
Die Lehrperson ist bestrebt, durch eine vorausschauende Planung und ein frühzeitiges Erkennen von möglichen Störungen das Verhalten der Schülerinnen und Schüler zu lenken (Keller-Schneider, 2018, 110ff. und 261ff.). Dabei ist sie gefordert, Störungsmöglichkeiten vorausschauend zu erkennen und auf Kommendes bezogen lenkend zu beheben, bevor sich Störungen ergeben.
«Wie kann ich mit Störungen umgehen?»
In dieser Perspektive rückt ein aktives Gestalten von Interaktionen in den Blick. Die Lehrperson nimmt einerseits eine indirekt lenkende und andererseits eine direkt führende Rolle ein. Hinter diesem Blick steht die Haltung, dass eigenaktives Verhalten der Schülerinnen und Schüler Teil des Unterrichts ist und von der Lehrperson fordert, damit umzugehen. Ein förderliches Lern- und Klassenklima muss geschaffen und gepflegt werden (Keller-Schneider, 2018, 271ff.; Schweer, 2008; Saldern, 2008; Rüedi, 2014).
Der Umgang mit Störungen als Teilanforderung der Klassenführung ist von diesen Grundhaltungen geprägt. Wie eine Lehrperson die Aufgaben der Klassenführung und den Umgang mit Störungen versteht, ist individuell verschieden. Sie prägt jedoch ihr Handeln, insbesondere in Stresssituationen (Wahl, 1991), die ein rasches Reagieren erfordern.
Was tun Sie? Wie gehen Sie mit Störungen um?
Welche Situationen haben Sie als Störungen wahrgenommen?
Notieren Sie diese möglichst beschreibend.
Wie haben Sie darauf reagiert?
Halten Sie Ihre Reaktion je Situation fest. Subjektiv als Störungen wahrgenommene Situationen und das eigene Handeln als Antworten darauf können unterschiedlich verstanden werden. Es kann sein, dass Sie sich als reagierend/sanktionierend erleben («das musste ich…») oder als agierend, weitere Störungen vermeidend («ich wollte erreichen/vermeiden»).
Inwiefern haben Sie sich «agierend» oder als «reagierend» erlebt?
Auch das eigene Handeln kann unterschiedlich betrachtet werden. So denken die einen, das gehört zur Aufgabe einer Lehrperson, andere denken, das ist nicht die Sache der Lehrperson, das müsste von anderen geköst werden.
Wie schätzen Sie die Art der Störung und Ihr darauf bezogenes Handeln ein?
Ist dies Aufgabe einer Lehrperson oder eher nicht?
Positionieren Sie die beschriebene Störung und die Ausführungen zum Umgang damit in der folgenden zwei-dimensionalen Grafik (Abb. 1)
Abb. 1: Störungen wahrnehmen und deuten – mit Störungen umgehen.
Den Umgang mit Störungen als Teil der Berufsaufgabe annehmen und Störungspotentiale in der Unterrichtsvorbereitung mitzudenken, um sie zu reduzieren, lohnt sich, um einen lernförderlichen und auf die Lerninhalte ausgerichteten Unterricht zu ermöglichen.